24.03.2022 - Ash Barty, der Mensch
Mit diesen Worten erklärte die Australierin Ashleigh Barty überraschend ihren Rückzug aus dem Profitennis. „Ich bin verbraucht“, sagt die 25-jährige Sportlerin, sie könne nicht mehr und verspüre nicht mehr das unbedingte Verlangen, das es brauche, um sich mit der Weltspitze zu messen. Es ist ein ebenso mutiges und menschlich reifes wie auch ernüchterndes Eingeständnis am Höhepunkt einer Karriere, das Fans und Sportverantwortlichen zu denken geben sollte. Bleibt im Spitzensport der Mensch auf der Strecke?
Wolfgang Ambros, der gerade seinen 70. Geburtstag feierte, sang einst: „A Mensch möcht‘ i bleib‘n und net zur Nummer möcht‘ i werd’n.“ Ashleigh Barty ist aktuell die Nummer eins in der ATP-Weltrangliste. Doch selbst dieser Spitzenplatz sowie zahlreiche Turniersiege und Rekorde verlieren an Bedeutung, wenn es nicht gelingt, Mensch zu bleiben, und der Sportler/die Sportlerin auf Erfolge, auf Nummern, Zahlen und Punkte reduziert wird. Jesus sagt: „Was nützt es einem Menschen, wenn er die ganze Welt gewinnt, dabei aber sich selbst verliert und Schaden nimmt?“ (Lk 9,25) So ist es immer die größte Leistung und der wichtigste Erfolg, Mensch zu bleiben und in seinem Menschsein dazuzugewinnen. Auch der Sport dient diesem Ziel und hat die Aufgabe, Menschen in ihrer Menschwerdung, in der ganzheitlichen Entfaltung ihres Menschseins zu unterstützen.
Der Mensch trägt seinen Wert in sich selbst. Er ist wertvoll, weil er von Anbeginn ein einzigartiges, in Liebe und Weisheit geschaffenes Wesen ist, weil der Geist Gottes ihn ihm wohnt. Wir brauchen uns unseren Wert als Menschen und unsere Daseinsberechtigung nicht verdienen durch Leistung und Erfolg – weder im Beruf, in der Schule, im Studium, noch in der Familie und in echten Freundschaften, noch im Sport. Ashleigh Barty hat im Laufe ihrer Karriere gelernt, dass ihr Glücklichsein nicht von sportlichen Ergebnissen abhängt. Und sie hat erkannt, dass es noch andere Träume in ihrem Leben gibt, die sie verwirklichen möchte. Danke, Ash, für diese Einsicht und diesen für uns alle wichtigen Hinweis!
Alfred Jokesch, Sportseelsorger DSG Steiermark
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