Fußball, nicht Frauenfußball
Fußball, nicht Frauenfußball
„Women play football # not womens football.“ Diese Message war an den elektronischen Werbebanden zu lesen, als das Eröffnungsspiel der Europameisterschaft der Frauen begann: „Frauen spielen Fußball, nicht Frauenfußball.“ Es ist eine deutliche Kampfansage, die zeigt, dass der Kampf längst noch nicht ausgestanden ist – trotz großartiger Kulisse in einem ausverkauften Old-Trafford-Stadion, die als eine der Kathedralen des Fußballs gilt, also in einem absoluten „Heiligtum“ des Männerfußballs.
Nach wie vor gilt ja der Fußball als Männerdomäne und kann es sich leisten, einem Männerbild zu huldigen, das durch chauvinistische, sexistische, homophobe und teilweise auch rassistische Geisteshaltungen auffällt. Noch immer ist ein Besuch im Stadion ein Erlebnis, das man Frauen und Kindern lieber nicht zumuten möchte. Mich stört das, wenn die eigene Gruppenidentität sich aus der Abwertung und Verunglimpfung der anderen speist. Das zeugt von geringem Selbstwertgefühl. In dieser Hinsicht benötigt die Fußballgemeinde sicher noch einen Kulturwandel und das Aufbrechen der Männerbastion wird – davon bin ich überzeugt – für die Männer und ihr Selbstverständnis ebenso wie für den Fußball insgesamt ein Gewinn sein.
In puncto Aufmerksamkeit haben die Frauen schon einen wichtigen Schritt erreicht. Das zeigen die vollen Stadien bei der EM in England und die Tatsache, dass die Spiele zu besten Sendezeit auf ORF 1 übertragen werden. Und das mit gutem Recht, denn die spielerische Qualität und die Professionalität haben sich in den letzten 15 Jahren enorm weiterentwickelt. Ein gutes Zeichen ist auch, dass mittlerweile die meisten großen Klubs in Europa im Frauenfußball engagiert sind. Sogar der SK Rapid springt nun auf diesen Zug auf. Bezüglich Anerkennung und Wertschätzung gibt es sicher noch einen Aufholbedarf. So haben etwa Schiedsrichterinnen beim Männerfußball nach wie vor einen schweren Stand. Oder: Wann wird erstmals eine Frau Coach bei einer Herrenmannschaft? Wann wird es Bewerbe mit gemischten Teams geben?
Ich würde mir wünschen, dass Frauen mit der gleichen Selbstverständlichkeit ihren Sport ausüben können wie das etwa beim Schifahren oder im Tennis schon längst der Fall ist. Und wenn möglich ganz ohne abschätzige oder despektierliche Kommentare seitens der Männer.
Alfred Jokesch, Sportseelsorger DSG Steiermark
Wie denken Sie darüber? Welche Erfahrungen haben Sie persönlich gemacht? Schreiben Sie uns Ihre Meinung!