22.04.2022 - Auch die Anfield Road führt nach Emmaus
... Von den Zwillingen, die seine Partnerin Georgina Rodríguez zur Welt brachte, überlebte nur eines. Es sei „der größte Schmerz, den ein Elternteil empfinden kann“, postete der Weltfußballer auf Instagram, zugleich gelte es aber, „für das Leben dankbar zu sein, das wir gerade in dieser Welt willkommen geheißen haben“. Die emotionale Zerrissenheit zwischen beidem muss gewaltig sein.
Zu einer schönen Geste der Anteilnahme kam es am Osterdienstag, als Ronaldo mit Manchester United beim FC Liverpool an der Anfield Road gastierte. Fans und Betreuer des großen Rivalen spendeten dem Superstar in Minute sieben – Ronaldos Rückennummer – aufmunternden Beifall und sangen für ihn ihre Vereinshymne „You’ll Never Walk Alone“. Das sind ergreifende Momente im Sport, wo man spürt, dass Gegner auf dem Spielfeld nicht als Feinde betrachtet werden, sondern respektvoll als Geschwister, die dieselbe Leidenschaft teilen. Der Portugiese bedankte sich mit diesen Worten: „Eine Welt … Ein Sport … Eine universelle Familie. Danke Anfield. Meine Familie und ich werden diesen Moment des Respekts und des Mitgefühls niemals vergessen.“ Schön, dass im Millionenbusiness der Premier League solche menschlichen Gesten noch Platz haben. Das ruft uns in Erinnerung: Fußball ist viel mehr als ein Geschäftsmodell.
„You’ll Never Walk Alone“ – das ist auch die österliche Zusage, die uns in diesen Tagen der christliche Glaube schenkt. Das zeigt sehr schön die biblische Ostererzählung von den zwei Jüngern auf dem Weg nach Emmaus (Lk 24,13–35). Der Name „Emmaus“ bedeutet „warme Quelle“. Die beiden gehen nicht allein in ihrer Trauer, Trostlosigkeit und Dunkelheit, sie können miteinander reden und ihre Gedanken austauschen. Dabei machen sie die Erfahrung, dass der auferstandene Jesus unscheinbar und unaufdringlich mitgeht als einer, der zuhört, der ihnen hilft, ihre Gefühle auszudrücken und die wahre Bedeutung dessen, was sie erlebt haben, in den Blick zu nehmen. Sie spüren, wie es ihnen dabei warm ums Herz wird. Auferstehung wird sehr oft in der menschlichen Begegnung erfahrbar. Nicht nur in Emmaus, sondern auch in Liverpool.
Alfred Jokesch, Sportseelsorger DSG Steiermark
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