Grenzen des Wachstums
Dabei sollen alle zur FIS gehörenden Schneesportarten vertreten sein und es gäbe keine Saison mehr ohne ein Großereignis.
Die Begeisterung dafür hält sich bei Sportler*innen wie Funktionär*innen in Grenzen. Die Gründe der Bedenken liegen auf der Hand: Der Rennkalender ist schon jetzt mehr als voll. Es gab schon heuer, obwohl es ein WM- und Olympia-freies Jahr war, kaum Spielraum für Verschiebungen bei wetterbedingten Absagen und die lange Liste an Verletzten während der Saison spricht dafür, dass die Grenzen der körperlichen Belastbarkeit mehr als ausgereizt sind. Dadurch hat sich der Kampf um den Gesamtweltcup längst zu einem Alleingang von Marco Odermatt entwickelt.
Ähnliche Entwicklungen sind im Fußball zu beobachten, wo immer wieder neue Formate erfunden werden und fast jede Änderung im Austragungsmodus eines Wettbewerbs die Anzahl der einzelnen Spiele in die Höhe treibt, und in der Formel 1 stöhnen Fahrer und Teamverantwortliche schon nach dem zweiten Rennen über die Strapazen, die sie in einer Saison erwarten, in der erstmals 24 Grand Prix über die Bühne gehen sollen. In meiner Jugendzeit waren es noch 16. Neben den Limits an physischer und menschlicher Zumutbarkeit wird auch immer häufiger die ökologische Vertretbarkeit solcher Monsterprogramme in Frage gestellt.
Der berühmte Bericht des Club of Rome zur Lage der Menschheit hat schon im Jahr 1972 sehr drastisch „Die Grenzen des Wachstums“ aufgezeigt. Doch bis heute hat diese eindringliche Warnung kaum einen Niederschlag gefunden – nicht in der Wirtschaft, nicht in unserem Lebensstil und offenbar auch nicht im Sport. Dabei sind die alarmierenden Symptome der Zuviel-isation in all diesen Bereichen längst nicht mehr zu übersehen.
Hinzu kommt, dass bei dem wachsenden Überangebot an Sportevents der begeisterte Sofasportler am Bildschirm allmählich den Durchblick und damit das Interesse verliert. Auch beim Generieren von Aufmerksamkeit gibt es Grenzen des Wachstums. Und besondere Sportereignisse werden nicht dadurch besonderer, dass sie besonders häufig stattfinden. Das Wertvolle daran liegt ja gerade in der seltenen Gelegenheit.
Alfred Jokesch, Sportseelsorger DSG Steiermark
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